Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit oder warum Frauen wirklich gemeinsam zur Toilette gehen

 

Es lüfte sich nunmehr der Vorhang, der seit Jahrhunderten vor diesem Mysterium hängt – aber das Schöne an Geheimnissen ist ja, man kann sie bekanntlich unendlich strapazieren – hier also erstmal ein kleiner Spannungsbogen:

Frauen ticken eben anders: Wir dürfen unter einer Daunendecke eiskalte Füsse bewahren, selbst wenn außerhalb der Decke subtropische Verhältnisse herrschen, wir dürfen uns in stundenlange Hysterie heulen, weil der Film ja so traurig war und das Ganze während wir das haarklein und am Besten direkt mit der besten Freundin am Telefon analysieren. Einmal im Monat, können wir vor uns selbst den größten weggeputzten Schokoladenberg der Welt, ohne den Funken eines schlechten Gewissens rechtfertigen, über den wir im Übrigen eine Woche später ebenso hemmungslos herum lamentieren dürfen – und wer von den Mädels hier nicht schuldig ist, werfe doch bitte die erste Schogette!

Wir dürfen uns rausnehmen über die weibliche Person, die wir erst seit ca. geschätzten 30 Sekunden kennen zu urteilen, weil wir instinktiv wissen, dass sie es genau so macht. Und wir dürfen über Katinkas – und ich habe stundenlang recherchiert, dass ich nicht einmal eine entfernte Bekannte namens Katinka habe- jedenfalls dürfen wir schonungslos offen über ihr Leben reden, schließlich hat sie dies und das, nen Traumjob, nen Superflitzer, nen supersüßen Hund, ne Figur, wie ein Topmodell, und das dazu passende Kleid, ihren Traummann und im Grunde könnte man hier einfach Alles einsetzen, Hauptsache es beginnt damit, dass Katinka es hat und Frau eben nicht – aber das allerbeste an Katinka? Sie hat all das und ist trotzdem doof.

Wir Frauen können uns selbst übertreffen in dem wir ein simples schwedisches Regal zusammenbauen oder eine echte Schraube in die Wand bringen – so richtig mit Bohren und so(!)- jeder Typ, der das mit Stolz erfüllter Brust seinen Kumpels erzählt, rechnet besser mit Lachern statt Applaus.

Haben wir es nicht wirklich gut? Wir können heute in Jeans und Sneakern mit anpacken und im Matsch wühlen und morgen früh zurück in eine Prinzessinnenwelt mit Glitzer und rosa Tütü. Meistens wählen wir dann aber doch ein eher spontanes Mittelmaß der Extreme.

Wir haben sogar in der Evolution gelernt, was die Abseitsregel bedeutet UND, wie man sie anwendet und sogar, wie man Bier aus Dosen trinkt – aber wir gehen immer noch gemeinsam zur Toilette und was wir in unseren Handtaschen aufbewahren, wissen auch nur wir.

Zeit mit dem Rätselraten aufzuhören, ehrlich – kommt schon! Was machen wir da eigentlich? Vielleicht liegt es ja in der Geschichte der Menschheit, vielleicht glauben wir, dass die andere Schmiere stehen kann – damit wir in unserem Höhlendenken nicht von wilden Bestien zerfleischt werden – schließlich ist so eine Toilettenkabine ja immerhin auch soetwas wie eine Höhle – mit nur einem Ausgang!

Nee, das war´s wahrscheinlich nicht. Also hoffentlich liege ich mit der Theorie daneben, stattdessen tun wir wahrscheinlich nur das, was wir sonst auch machen, ehrlich und wirklich wahr und absolut kein Geheimnis. Wir haben soetwas, wie eine Multitasking-Sucht – warum eine Sache machen, wenn man doch gleich Mehreres erledigen kann? Außerdem hat die Toilettenmitgängerin eventuell ja etwas dabei, was man selbst ganz gut gebrauchen könnte: Nen Lipgloss, Taschentuch, vielleicht ne Haarbürste oder den rettenden Rat zur Gesamtsituation?

Es ist ja auch so ein goldenes Gesetz, dass die Nachbartoilette immer genau das Toilettenpapier hat, von dem frau gerade feststellt, dass es in der eigenen Kabine fehlt. Gut, wenn man die Nachbarin dann kennt. Obwohl, nirgends sind sich wildfremde Frauen so nah, wie beim Toilettengang, hier werden Kontakte vor dem Spiegel und sogar schon in der Schlange vor der Toilette geknüpft. Das gemeingängige Toilettenverhalten ist übrigens auch nicht altersmäßig beschränkt, denn ich weiß, dass sogar meine Mum und ihre Freundin soetwas auch ab und zu machen.

Die schönsten Toilettengespräche sind übrigens die, in denen wir gemeinsam feststellen, wie dusselig der Anmachspruch vom Nachbartisch gerade war, wie nett der Kellner eigentlich ist, oder wie blöd die Frisur des Gittaristen heute sitzt. Ja, schade, dass Katinka heut wegen ihres supertollen Lebens gar nicht dabei sein kann, wie immer eigentlich, und wie doll sich Carsten – ich kenne hoffentlich auch keinen Carsten, heut wieder chauvinistisch daneben benimmt.

Gemeinsam schwören wir Frauen uns darauf ein, das nächste Bier auch mal in 2 Minuten zu trinken, nur um uns mal genauso schlimm daneben zu benehmen, machen ab, was wir nun mit dem Nachbartisch machen, quengeln kurz über den Schokoladenberg von letzter Woche und ab und an kommen wir zu der These, dass es ganz vielleicht auch gar nicht allzu schlecht ist ein Mann zu sein und dafür allein aufs bei uns gar nicht stille Örtchen gehen zu können – so auch ganz ohne Schlange.

Aber all das werden wir spätestens nach dem nächsten Bier, für das wir natürlich doch wieder viel länger brauchen werden und das praktisch damit die nächste Toilettenrunde auslöst, vergessen haben – was wollte ich nochmal verraten? Achja…

Niemand kann jawohl von mir erwarten, dass ich hier wirklich das höchste aller Mysterien verrate, oder? Ich bin selbst eine Frau– und wir werden praktisch mit ca. 5 Jahren das erste Mal darauf vorbereitet, das zu tun – und auch darauf, dass es das älteste Rätsel der Menschheit ist. Klar, werden Fragen gestellt, was wir da tun. Natürlich, werden uns Blicke fragend nachgeworfen, warum wir gemeinsam aufs Klo müssen…aber niemals, werden wir den wahrsten aller Gründe nennen. Nichtmal, wenn wir selbst den Hauch einer Ahnung hätten, was dieser Grund sein könnte – das wär ja noch schöner!

...oder was sagst Du dazu?